Die Dissertation ist gesperrt bis zum 31. Juli 2025 !
Zur Gewährleistung der Patientensicherheit ist die Verwendung von geeigneten analytischen Techniken und Methoden zur Charakterisierung unbekannter Veunreinigungen in Wirkstoffen und pharmazeutischen Produkten von immenser Bedeutung. Vor allem Änderungen in Synthese- und Herstellungsprozessen führten in den letzten Jahrzehnten gehäuft zu Skandalen in der pharmazeutischen Industrie, vor allem wenn die Überwachung durch die entsprechende Analytik nicht angepasst wurde. Flüssigchromatographische Techniken wie (Ultra)-Hochleistungsflüssigkeitschromatographie ((U)HPLC) hat sich aufgrund ihrer Vielseitigkeit als Standard für die Analytik über den gesamten „product life cycle“, beginnend mit der Entwicklung bis hin zur Routineanalytik, etabliert. (U)HPLC-Analysen erlauben eine schnelle und effiziente Trennung von Wirkstoffen, Hilfsstoffen und Verunreinigungen. Die Kopplung mit verschiedenen Detektionstechniken, die anhand der chemischen Eigenschaften der zu untersuchenden Analyte ausgewählt und angepasst wurden, ist von großer Bedeutung. Auch wenn die massenspektrometrische (MS) Detektion als Goldstandard und „Lösung für alles“ für viele analytische Probleme angesehen wird, zeigt sich oft die fehlende Selektivität für isobare und isomere Analyte, die keine charakteristische MS2-Fragmentierung zeigen. Ziel dieser Arbeit ist es Konzepte aufzuzeigen, wie die Verwendung unterschiedlicher Derivatisierungstechniken und die Implementierung von orthogonalen stationären Phasen und Detektoren die Identifizierung unbekannter Analyte, durch Erhöhung der Sensitivität und Selektivität, verbessert.
Der erste Teil dieser Arbeit zeigt die Relevanz von Oxidationsreaktionen in pharmazeutischen Lipidformulierungen, welche eine große Vielfalt von Oxidationsprodukten generieren. Diese Oxidationsprodukte benötigen eine möglichst umfassende Charakterisierung, da sie als Verunreinigungen klassifiziert werden müssen. Hierfür wurde eine Kombination aus klassischer Umkehrphasen-Säule und einer innovativen chiralen Polysaccharidsäule in einem „full-comprehensive“ zweidimensionalen Flüssigchromatographie-Aufbau entwickelt. Diese Kombination zeigt exzellente Selektivität anhand der dreidimensionalen Struktur der konjugierten Fettsäureisomere, Kompatibilität und Orthogonalität der chiralen und Umkehrphasen-Säule. Diese hohe Selektivität für konjugierte Fettsäureisomere wurde vor allem bei den chiralen Polysaccharidsäulen beobachtet und kann vermutlich auf die komplexe dreidimensionale Struktur der stationären Phasen selbst zurückgeführt werden. Ebenfalls konnte gezeigt werden, dass sich UV- und MS-Detektion komplementär zueinander verhalten, weshalb durch die Kopplung beider Detektoren eine Charakterisierung der Doppelbindungen durch UV-Spektren und die Identifizierung unbekannter Oxylipine durch charakteristische MS2-Spektren möglich war.
Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Relevanz der Chiralitätsbestimmung in der Verunreinigungsanalytik und in der detaillierten Charakterisierung von biotechnologisch hergestellten Wirkstoffen, am Beispiel von Teicoplanin. Teicoplanin weist eine unterschiedlich starke antibakterielle Wirksamkeit, in Abhängigkeit zur vorliegenden Fettsäureseitenkette, auf. Diese unterscheiden sich bezüglich ihrer Chiralität (bei verzweigten Fettsäuren), Länge und Verzweigung. Mittels moderner chiraler Polysaccharidsäulen und 1-Naphthylamin-Derivatisierung ist die Enantiomerentrennung durch Flüssigchromatographie möglich. Hierdurch wird die Enantiomerentrennung der anteiso-methyl verzweigten Fettsäureseitenkette von Teicoplanin RS3 möglich und durch Verwendung eines selbst-synthetisierten enantiomeren-reinen Standards kann die Stereochemie bestimmt werden. Zusätzlich wird die exzellente Selektivität der chiralen Polysaccharidsäulen für achirale Substanzen anhand der Identifizierung von, zuvor unbekannten, Konstitutionsisomeren gezeigt.
Der dritte Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung eines kostengünstigen Workflows zur Doppelbindungspositionsbestimmung mittels Flüssigchromatographie in Kombination mit MS-Detektion. Die Derivatisierung mit Dimethyldisulfid erlaubt den Vorschlag von charakteristischen Fragmenten von (mehrfach) ungesättigten Fettsäuren und verwendete Elektrosprayionisation im negativen Ionisationsmodus. Für höhere Sensitivität und Flexibilität der Methode wurde 2,2‘-Dipyridyldisulfid als Derivatisierungsreagenz eingeführt, welches eine Ionisierung im positiven Ionisationsmodus ermöglicht. Damit können charakeristische Fragmentionen von Omega- und Carboxyende für Fettsäuren mit bis zu zwei Doppelbindungen im positiven Ionisatonsmodus detektiert werden. Diese Methode könnte als Startpunkt für weitere Optimierungen und Untersuchung weiterer Disulfid-basierten Derivatisierungsreagenzien verwendet werden.