Inhaltszusammenfassung:
Die erblich bedingte Netzhauterkrankung Retinitis pigmentosa, gekennzeichnet
durch einen progressiven Verlust von Fotorezeptoren und konsekutiv zunehmender
Blindheit, stellt für Betroffene eine hochgradige Einschränkung ihrer Lebensqualität
dar. Auch wenn die Forschung zunehmend Fortschritte in der Behandlung der Erkrankung durch genetische Therapien macht, ist bislang nur in seltenen
Fällen eine vollständige Heilung der Grunderkrankung möglich. Entscheidend
ist für viele Patienten daher eine weitgehende Erhaltung der Lebensqualität,
welche durch Schulung und unterstützende Therapiemöglichkeiten teilweise erreicht
werden kann. Ein nicht unerheblicher Teil der Betroffenen leidet Rahmen
der Grunderkrankung unter der Ausbildung eines sogenannten cystoiden Makulaödems
(CMÖ). In der Regel gehen die zunehmenden Flüssigkeitsansammlungen
in der Netzhaut mit einem Visusverlust einher, der sich für die Patienten im
Rahmen der Grunderkrankung in der Regel negativ auf die Prognose auswirkt.
Ursächlich für die Ausbildung der Flüssigkeitsansammlungen sind verschiedene
Mechanismen, welche noch immer Gegenstand der Forschung sind. Für die
Patienten kann durch die Reduktion der Ödeme durch interventionelle oder medikamentöse
Therapien in einigen Fällen eine Verbesserung des Visus und entsprechend
der Lebensqualität erreicht werden.
Diese Dissertation beschäftigt sich mit der Auswertung von Daten nach Anwendung
von sogenannten Carboanhydrasehemmern, welche den Patienten als topisch
angewandte Augentropfen (Dorzolamid) oder als oral verabreichtes Medikament
(Acetazolamid) verabreicht wurden. Die genannten Wirkstoffe zeigten
bereits in vergangenen Studien eine Wirksamkeit bezüglich der Reduktion von
Ödemen der Netzhaut. Der erfolgte Vergleich zwischen den einzelnen Medikamenten
erforderte eng gefasste Kriterien bezüglich der Auswahl eines passenden
Patientenkollektivs. Als Kriterien für eine Zu- oder Abnahme der Flüssigkeitsansammlungen
in der Netzhaut wurden die Parameter Dicke der Netzhaut, Volumen
der Netzhaut sowie das qualitative Merkmal von in den OCT Untersuchungen
sichtbaren Zysten gewählt. Als weiterer subjektiver Parameter wurde auf die
Visus Werte zurückgegriffen. Entscheidend war, dass für die Patienten eine Erstuntersuchung
vorlag und eine Follow-up-Untersuchung innerhalb von 120 Tagen
stattgefunden hatte. Von den 44 ausgewählten Patienten wurden zwölf mit Dorzolamid
(Trusopt®) behandelt, 32 Patienten mit oraler Gabe von Acetazolamid (17
Patienten erhielten Diamox®, 15 Patienten erhielten Glaupax®.)
Für die einzelnen Parameter Dicke und Volumen der Netzhaut, Visus und Ausprägung
des cystoiden Makulaödems wurden ausführliche Berechnungen, statistische
Analysen und grafische Auswertungen durchgeführt. Letztlich konnte sich
auch im Hinblick auf vergleichende Arbeiten zu dem Thema ein vermeintlicher Vorteil zugunsten der Anwendung einer systemischen medikamentösen Therapie
mit Acetazolamid festgestellt werden. Bei einem Großteil der Probanden kam
es unter Therapie, insbesondere mit dem Wirkstoff Glaupax® unter Betrachtung
der absoluten Zahlen sowohl zur Abnahme der Netzhautdicke als auch zur Regredienz
der Zysten. Für die Dicke und das Volumen der Netzhaut konnte in der
statistischen Analyse unter isolierter Betrachtung der unabhängigen Variablen
»Zeitpunkt der Messung« eine statistische Signifikanz festgestellt werden. Bezüglich
der Interaktion der unabhängigen Variablen (Medikamentengruppe und
Zeitpunkt der Messung auf die abhängige Variable (Dicke und Volumen der Netzhaut)
konnte ein p-Wert nahe des Signifikanzniveaus beobachtet werden. Nach
Evaluation der Daten bezüglich der Sehschärfe der Patienten konnte keine statistisch
signifikante Verbesserung festgestellt werden, dennoch konnte in einigen
Fällen zumindest eine, wenn auch marginale, Verbesserung beobachtet werden.
Interessanterweise zeigten sich unter Betrachtung aller Daten innerhalb der Gruppe,
welche mit einem Acetazolamid-Präparat (Diamox® oder Glaupax®) behandelt
wurde, jeweils unterschiedliche Ergebnisse. Für weitere Studien ist diese
Tatsache allerdings nicht mehr relevant, da das Medikament Diamox® während
der Abfassung dieser Dissertation vom Markt genommen wurde.
Die Wirksamkeit einer Therapie mit Carboanhydrasehemmern zur Reduktion des
cystoiden Makulaödems für Patienten, welche an erblichen Netzhauterkrankungen
leiden, konnte somit erneut belegt werden. Sowohl im Hinblick auf einen
Therapieversuch mit topisch angewandtem Dorzolamid als auch eine systemische
Therapie mit Acetazolamid ist nach Evaluation der Daten und Vergleich der
bisher erfolgten Arbeiten eine regelmäßige und zeitnahe Kontrolle des Therapieerfolges
allerdings unabdingbar, um die Therapie im Rahmen einer unzureichenden
Wirksamkeit oder adversen Effekte umgehend anpassen zu können.