Inhaltszusammenfassung:
Eine Vielzahl der heute bekannten Untergrundverunreinigungen in SW-Deutschland befindet sich in den Lockersedimenten der Talaquifere. Diese sind durch die bevorzugte Nutzung der Flusstäler für urbane und industrielle Ansiedlungen in besonderem Maße einem Eintrag von Schadstoffen ausgesetzt. Zur Beurteilung möglicher Sanierungsmethoden oder zur Gefahrenbeurteilung z.B. für das Grundwasser kommt einer möglichst genauen Kenntnis der Transportvorgänge hier eine große Bedeutung zu. Der Transport gelöster organischer Schadstoffe im Grundwasser unterliegt in großem Ausmaß den Wechselwirkungen mit den verschiedenen Bestandteilen des heterogenen Aquifermaterials. Ziel dieser Arbeit war es, die Sorption und Sorptionskinetik hydrophober organischer Verbindungen (PHE und TCE) innerhalb der petrographisch unterschiedlichen Komponenten (Lithokomponenten) der heterogenen Aquifersedimente des Neckartals und von Festgesteinen aus deren Liefergebiet zu untersuchen. Neben verschiedenen sedimentpetrographischen Methoden kamen dabei vor allem Laborversuche zur Gleichgewichtssorption und zur Sorptionskinetik zum Einsatz. Die Sorption im Gleichgewicht lässt sich für alle untersuchten Komponenten mittels dem nichtlinearen Freundlich-Sorptionsmodell beschreiben. Innerhalb der Aquifersedimente des Neckartals wird die Sorption eindeutig durch die Muschelkalke und Jurakalke dominiert, wobei die Verteilungskoeffizienten v.a. eine Funktion des Gehalts an organisch gebundenem Kohlenstoff und darüber hinaus des Inkohlungsgrades (Reife) des organischen Materials sind. Eine Abschätzung der Verteilungskoeffizienten aus dem Gehalt an organischem Kohlenstoff ist unter Verwendung kohlenpetrographischer Methoden möglich. Die Sorptionskinetik der untersuchten Lithokomponenten und Festgesteinsfragmente ist diffusionslimitiert und läßt sich sehr gut durch eine numerische Lösung des 2. Fick’schen Gesetzes beschreiben. Die Jurakalke und v.a. die Muschelkalke zeigten aufgrund hoher Verteilungskoeffizienten und niedriger Intrapartikelporositäten eine sehr langsame Kinetik. Eine schnellere Kinetik aufgrund niedrigerer Verteilungskoeffizienten und hoher Porositäten zeigten die Sandsteine. I.d.R. folgte die Sorptionskinetik dem Modell der Intrapartikelporendiffusion, womit eine Abschätzung effektiver Diffusionskoeffizienten aus der Intrapartikelporosität nach Archie’s Law möglich ist. Für sehr kleine Korngrößen oder hochporöse Sandsteine, die grobes organisches Material enthalten, ist die Diffusion in das partikuläre organische Material (POM) der die Kinetik limitierende Prozess. Für das POM, das innerhalb des Korngefüges der Sedimentgesteine lokalisiert ist, wurden Partikelgrößen von bis zu 50 µm beobachtet. Gereiftes organisches Material verfügt darüber hinaus über deutliche Anteile an Mikroporosität (Poren < 2 nm). Für hochporöse Sandsteine, die über eine gering poröse Matrix verfügen (z.B. als Zement), kann u.U. die Diffusion in diese Matrix der die Kinetik limitierende Prozess sein. Verwitterung und Transport der Komponenten haben keinen wesentlichen Einfluss auf die Sorptionskinetik. Sorption und Desorption scheinen zumindest für die in dieser Arbeit untersuchten Komponenten reversibel zu sein. Eine Vorhersage der Sorptions-/Desorptionskinetik in den heterogenen Aquifersedimenten des Neckartal auf der Basis der physikalischen Parameter und der Sorptionskapazität der verschiedenen Komponenten ist unter Verwendung des Lithokomponentenansatzes und der numerischen Lösung für die Intrapartikelporendiffusion möglich. Auf der Basis dieser Ergebnisse lässt sich der reaktive Stofftransport im Grundwasser auch unter Ungleichgewichtsbedingungen berechnen.