Inhaltszusammenfassung:
Negative soziale Bewertung begegnet uns regelmäßig im alltäglichen Leben und hat einen wesentlichen Einfluss auf unseren Selbstwert (Leary et al., 1995; Sommer und Baumeister, 2002). Ziel der vorliegenden Studie war es, die subjektiven und neuronalen Effekte eines Trainings zur „positiven Selbstinstruktion“ in Situationen negativer sozialer Evaluation zu untersuchen. Auf subjektiver Ebene wurde analysiert, ob das Training zu einem Anstieg des Selbstwertes sowie einem geringeren negativen Befinden während negativer sozialer Evaluation beiträgt. Auf neuronaler Ebene wurde eine stärkere Aktivierung im IFG und in der TPJ, die im Rahmen sozialer Interaktion mit innerer Sprache in Zusammenhang stehen, sowie eine verminderte Aktivierung in Amygdala, AI und dACC erwartet, die mit negativer sozialer Evaluation assoziiert sind.
Methoden: Die Effekte eines Trainings zur „positiven Selbstinstruktion“ während negativer sozialer Bewertung wurden mittels eins Messwiederholungs-Designs (prä- und post-Training-Erhebung mit zwei Gruppen: Trainingsgruppe (TG): n=33, Kontrollgruppe (KG): n=30) untersucht. Hierfür wurden Frauen rekrutiert, die in einem 2-4-wöchigen Training lernten, sich positiv zu instruieren. Vor und nach dem Training wurden ihre Reaktionen auf negative soziale Evaluation, dargestellt durch das Paradigma „soziale Evaluation“, mittels neuronaler BOLD-Aktivität im fMRT sowie subjektiven Stressreaktionen erhoben.
Ergebnisse: Subjektive Effekte bestanden darin, dass es das Training eine Zunahme des Selbstwertes bewirkte. Zudem gaben die Probandinnen im Verlauf des Trainings an, die positiven Sätze im Alltag in Zukunft anzuwenden. Während des Paradigmas „soziale Evaluation“ wurde bei der TG ein geringerer negativer Affekt und weniger Erregung bei negativer sowie eine höhere Annehmlichkeit nach dem Training und im Vergleich zur KG bei neutraler Evaluation beobachtet. Auf neuronaler Ebene zeigte sich durch das Training ein negativer Zusammenhang zwischen der Aktivierung im IFG und dem Selbstwert, während innerhalb der KG die Aktivierung in der AI mit dem Selbstwert positiv assoziiert war. Ebenso wurde innerhalb der KG bei T4 eine Tendenz zu einer stärkeren Aktivierung im linken im Vergleich zum rechten dACC beobachtet, was in der TG nicht der Fall war. In der rechten TPJ der TG zeigte sich bei negativem Feedback eine stärkere Deaktivierung, die allerdings bereits vor dem Training bestand.
Diskussion: Die vorliegende Studie konnte demonstrieren, dass die Verwendung positiver innerer Sprache durch ein Training zur „positiven Selbstinstruktion“ in Situationen negativer sozialer Bewertung zu einer Zunahme des Selbstwertes und einem geringeren negativen subjektiven Empfinden führt. Demnach wurden negative soziale Situationen als weniger belastend empfunden und konnten besser bewältigt werden. Ebenso ging das Training mit einem nachhaltigen Effekt einher, indem die Probandinnen die „positive Selbstinstruktion“ zukünftig weiter in ihren Alltag integrieren wollen. Auf neuronaler Ebene könnte der negative Zusammenhang der Aktivierung im IFG und dem Selbstwert darauf hindeuten, dass Probandinnen mit einem geringeren Selbstwert durch das Training ihre Emotionen während negativer sozialer Evaluation stärker regulieren (Kogler et. al. 2017). Darüber hinaus zeigten die Probandinnen, die kein Training erhalten hatten, eine stärkere Aktivierung im linken dACC, was einen Hinweis für eine intensivere Reaktion auf soziale Zurückweisung darstellt (Eisenberger und Lieberman, 2003; Somerville et al., 2006) und somit durch ein Training dieses Areal, wie zu Beginn der Studie angenommen, weniger angesprochen wird. Entgegen unserer Erwartung wurde eine stärkere Deaktivierung in der rechten TPJ der TG beobachtet, die ebenfalls mit sozialer Ablehnung assoziiert ist (Somerville et al. 2006). Dies könnte einen Hinweis auf eine stärkere Filterung irrelevanter sozial-affektiver Information zur Regulation der Reaktion auf negative Evaluation darstellen (Bzdok et al., 2013a; Corbetta und Shulman, 2002; Shulman et al., 2007).
Konklusion: Das Training zur „positiven Selbstinstruktion“ konnte auf subjektiver Ebene unsere Hypothesen bestätigen und somit dazu beitragen, dass negative soziale Situationen als weniger belastend erlebt werden. Auf neuronaler Ebene führte das Training zu einem negativen Zusammenhang zwischen Aktivierung eines emotionsregulierenden Areals (IFG) und sozialem Selbstwert. Demnach zeigte sich durch das Training bei Probandinnen mit geringerem Selbstwert eine stärkere Aktivierung im IFG. Ebenso wurde beobachtet, dass durch die „positive Selbstinstruktion“ Areale, die soziale Zurückweisung verarbeiten (TPJ, dACC), weniger stark rekrutiert wurden. Die Annahmen neuronaler Effekte eines Trainings zur „positiven Selbstinstruktion“, konnten in der vorliegenden Studie nicht vollständig geklärt werden, was am ehesten auf ein Training von zu geringer Dauer zurückzuführen ist. Eine Untersuchung der Wirksamkeit eines Trainings von längerer Dauer auf neuronale Korrelate, bei negativer sozialer Evaluation bei Männern sowie im klinisch-psychiatrischen Kontext, um beispielsweise Ängste im Rahmen sozialer Interaktionen zu minimieren und soziale Situationen besser bewältigen zu können, stellen interessante Ausblicke für die Zukunft dar.