Inhaltszusammenfassung:
Am Ende des Eozäns gab es eine starke Abkühlung der Erde, was im Anschluss zu
einem großen Massenaussterben, dem sogenannten „Grande Coupure“ führte. Um
mehr über den Faunenaustausch, der ihm Zuge dieses Aussterbeereignisses
stattfand, herauszufinden, sind fossile Ökosysteme, insbesondere diejenigen die
unmittelbar vor und nach der Abkühlung am Ende des Eozäns existierten, immens
wichtig. Eine Untersuchung eben jenes Zeitraumes ermöglicht das Na Duong Becken
im Nordosten Vietnams. Heutzutage ist das Becken ein aktiver Kohletagebau, im
späten Eozän ersteckten sich hier allerdings kleine Tümpel, die sich im Übergang zu
einem anoxischen See befanden. Im Na Duong Becken wurde eine große Anzahl gut
erhaltener Fossilien von zahlreichen verschiedenen Pflanzen- und Tierarten gefunden.
Da bislang jedoch nur sehr wenig über die Reptilien und Vögeln des Beckens bekannt
ist, fehlten noch wichtige Puzzlestücke zur Rekonstruktion dieses Ökosystems. Das
Hauptziel der vorliegenden Thesis war es deshalb das vorhandene Wissen in diesem
Aspekt zu erweitern. Die Ergebnisse hatten jedoch nicht nur einen erwarteten Effekt
auf das Wissen über das Na Duong Becken als solches, sondern erweiterten ebenfalls
unser Verständnis über die Verwandtschaftsverhältnisse der Krokodile und
Schildkröten des Paläogens Ostasiens und außerdem die ökologische Verbindung
dreier späteozäner Becken Vietnams, Thailands und Chinas.
Das erste Projekt beschäftigte sich mit mehreren Individuen eines kleinen
Alligatoroiden von gerade einmal knapp 2 m Länge. Nach der Beschreibung des
Materials und einer intensiven phylogenetischen Analyse konnte gezeigt werden, dass
es sich bei dem Fossil um eine neue Art (Orientalosuchus naduongensis) handelte und
dass O. naduongensis das fehlende Bindeglied darstellte mit dem sechs Arten, die von
der Kreidezeit bis ins Eozän Ostasiens lebten, zu einer neuen Gruppe
zusammengeführt werden konnten, den Orientalosuchina. Innerhalb dieser Gruppe
waren die nächsten Verwandten von O. naduongensis, Arten aus den beiden ebenfalls
späteozänen Becken von Maoming (China) und Krabi (Thailand). Die Ergebnisse der
Phylogenie ermöglichen des Weiteren Rückschlüsse auf die Verbreitung der frühen
Alligatoroiden am Ende der Kreidezeit.
Das zweite Projekt der Thesis beschäftigte sich mit dem Apex Prädator des Na
Duong Beckens, einem etwa 3,5 m langem Tomistominen. Die neue Art
(Maomingosuchus acutirostris) konnte nach einer intensiven Beschreibung des
Holotypus, bei dem es sich um ein nahezu vollständig erhaltenes Individuum handelt,
und einem Vergleich mit fossilen Vertretern der Gruppe, der Gattung Maomingosuchus
zugeordnet werden. Vertreter dieser Gattung waren zuvor nur aus dem Maoming und
Krabi Becken bekannt. Die phylogenetische Analyse konnte des Weiteren eine
wesentlich basalere Stellung von Maomingosuchus feststellen, als früher postuliert
wurde. Das neue Ergebnis passt dabei wesentlich besser zum Alter der Gattung und
ermöglicht zusätzlich die Schlussfolgerung, dass Vertreter der Tomistomine Ostasien
mindestens dreimal unabhängig voneinander erreicht haben müssen.
Das dritte Projekt behandelte einen Tarsometatarsus einer unbekannten Vogelart,
von der Größe eines Huhns, der beschrieben und mit rezenten Vertretern verglichen
wurde. Das charakteristische Aussehen des Knochens ist dabei mit keiner bislang
bekannten Art vergleichbar. Bei dem Fossil handelt es sich um einen der wenigen
Vögel die aus dem Paläogens Ostasiens bekannt sind und stellt gleichzeitig das
einzige Individuum aus dem Paläogen Vietnams dar. Dadurch liefert das Fossil trotz4
seiner Unvollständigkeit und der relativ schlechten Erhaltung einen wichtigen Beitrag
zu unserem Wissen über die paläogene Vogelwelt Ostasiens.
Das letzte Projekt beschrieb mehrere Individuen einer neuen Art von
Pan-Trionychidae mit dem Namen Striatochelys baba. Bei der Art handelt es sich um
einen relativ kleinen Vertreter der Pan-Trionychidae mit einer Carapaxlänge von etwas
unter 30 cm. Der Vergleich mit rezenten und fossilen Vertretern der Gruppe sowie eine
phylogenetische Analyse legen eine Verwandtschaft mit der rein asiatischen rezenten
Gattung Nilssonia nahe. Die größte Ähnlichkeit weist S. baba aber mit einer fossilen
Art des Maoming Beckens auf.
Die Gesamtheit der Ergebnisse der Thesis zeigen, dass die drei ostasiatischen
Becken von Na Duong, Maoming und Krabi eine nahverwandte Krokodil- und
Schildkrötenfauna besaßen. In jedem dieser Becken, existierten Vertreter der
Orientalosuchina und der Gattung Maomingosuchus und die Schildkrötengattung
Striatochelys ließ sich bislang zumindest in Na Duong und Maoming nachweisen.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass es irgendwann im Paläogen eine
Verbindung zwischen den drei Becken gegeben haben muss durch die ein
Faunenaustausch möglich war. Auf der anderen Seite bedeuten die Ergebnisse aber
auch, dass es vor dem Ende des Eozäns entweder physische Barrieren gegeben
haben muss, die eine Separierung der Becken gefolgt von einer Spezifizierung der
Herpetofauna ermöglicht haben, oder dass es sich bei den nah verwandten Arten um
Chronospezies handelt.
Was den Faunenaustausch der untersuchten Gruppen der Reptilia angeht, so ist
eine eindeutige Schlussfolgerung durch das weitestgehende Fehlen ostasiatischer
Fundstellen, die mit Sicherheit auf die Zeit unmittelbar nach dem „Grande Coupure“
datiert werden können, begrenzt. Orientalosuchina kommen nur von der späten
Kreidezeit bis zum späten Eozän vor, fehlen aber in miozänen Fundstellen, was
möglicherweise darauf hindeutet, dass diese Gruppe den „Grande Coupure“ nicht
überlebte und möglicherweise durch die Gattung Alligator ersetzt wurde, die
wahrscheinlich etwa zu dieser Zeit von Nordamerika nach Asien einwanderte.
Tomistomine haben zwar bis heute überlebt, aber die Maomingosuchus Linie ist in
miozänen Fundstellen nicht mehr vertreten. Stattdessen sind viel größere Vertreter der
Gruppe wie Penghusuchus pani zu dieser Zeit in Ostasien anzutreffen, die
wahrscheinlich von einem zweiten Einwanderungsereignis aus Europa stammen.
Basierend auf der phylogenetischen Analyse und dem Vergleich mit rezenten
Vertretern, könnte es sich bei S. baba um eine Stammart der heutigen Nilssonia
handeln. Wenn das zutrifft, hat diese Art oder zumindest nahe Verwandte die
Abkühlung am Anfang des Oligozäns überlebt. Leider ist das Vogelfossil zu schlecht
erhalten und andere Fossilen aus Ostasien sind zu spärlich, um Rückschlüsse auf das
Überleben des Vogels nach dem „Grande Coupure“ zu ziehen.
Abstract:
At the end of the Eocene, there was a major cooling of the Earth, which
subsequently led to a great mass extinction, the so-called ‘Grande Coupure’. To learn
more about the faunal exchange during this extinction event, fossil ecosystems,
especially those that existed immediately before and after the cooling at the end of the
Eocene, are of enormous importance. The Na Duong Basin in northeastern Vietnam
is ideally suited for such a study. The basin is now an active open-cast coal mine, but
in the late Eocene it contained small ponds that were in transition to an anoxic lake. A
large number of well-preserved fossils of many different plant and animal species have
been found in the Na Duong Basin. However, as very little is known about the reptiles
and birds of the basin, an important piece of the puzzle to reconstruct this ecosystem
was still missing. The main objective of this thesis was therefore to add to the existing
knowledge on this aspect. However, the results have not only had the expected impact
on the knowledge of the Na Duong Basin as such, but have also improved our
understanding of the relationships of crocodylians and turtles of the Palaeogene of
East Asia and the ecological connection of three late Eocene basins in Vietnam,
Thailand and China.
The first project focused on several individuals of a small alligatoroid of just under
2 m in length. After the description of the material and an intensive phylogenetic
analysis, it was possible to show that the fossil was a new species (Orientalosuchus
naduongensis) and that O. naduongensis was the missing link to unite a total of six
species that lived in East Asia from the Cretaceous to the Eocene into a new clade:
Orientalosuchina. Within this group, the closest relatives of O. naduongensis were
species from the two late Eocene basins of Maoming (China) and Krabi (Thailand).
The results of the phylogeny also allow conclusions to be drawn about the distribution
of early alligatoroids at the end of the Cretaceous.
The second project of the thesis focused on the apex predator of the Na Duong
Basin, a tomistomine about 3.5 m long. The new species (Maomingosuchus
acutirostris) was placed in the genus Maomingosuchus after a detailed description of
the holotype, an almost completely preserved individual, and a comparison with fossil
members of the group. Previously, this genus was only known from the Maoming and
Krabi basins. The phylogenetic analysis also revealed a much more basal position of
Maomingosuchus than previously postulated. The new result correlates much better
with the age of the genus and also allows the conclusion that representatives of the
tomistomines must have reached East Asia at least three times independently of each
other.
The third project focused on a tarsometatarsus from an unknown chicken-sized bird
species, which was described and compared with extant specimens. The characteristic
appearance of the bone is not comparable with any known species. The fossil is one
of the few known birds from the Palaeogene of East Asia the only one from the
Palaeogene of Vietnam. Thus, despite its incompleteness and relatively poor
preservation, the fossil makes an important contribution to our knowledge of the
Palaeogene avifauna of East Asia.
The last project described several individuals of a new species of Pan-Trionychidae
named Striatochelys baba. The species is a relatively small representative of
Pan-Trionychidae with a carapace length of slightly less than 30 cm. Comparison with2
extant and fossil representatives of the group as well as a phylogenetic analysis
suggests a relationship with the purely Asian extant genus Nilssonia. However, S. baba
shows the greatest similarity to a fossil species from the Maoming Basin.
The results of the thesis show that the three East Asian basins of Na Duong,
Maoming and Krabi had a closely related crocodylian and turtle fauna. Representatives
of Orientalosuchina and the genus Maomingosuchus were found in each of these
basins, and the turtle genus Striatochelys was represented at least in Na Duong and
Maoming. These results indicate that at some point in the Palaeogene there must have
been a connection between the three basins, allowing faunal exchange. On the other
hand, the results also suggest that either there must have been some kind of physical
barrier before the end of the Eocene that allowed the basins to be separated and
resulting in the divergence of the herpetofauna. Alternatively, the closely related
species may be chronospecies.
With regard to the faunal exchange of the Reptilia groups studied, a definite
conclusion is limited by the lack of East Asian assemblages that can be dated with
certainty immediately after the ‘Grande Coupure’. Orientalosuchina occur only from the
Late Cretaceous to the late Eocene, but are absent from Miocene assemblages,
possibly indicating, that this group did not survive the ‘Grande Coupure’ and was
possibly replaced by the genus Alligator, which dispersed from North America towards
Asia around this time. Tomistomines have survived to the present day, but the
Maomingosuchus lineage is not found in Miocene assemblages, instead much larger
tomistomines such as Penghusuchus pani are present in East Asia at this time,
probably from a second dispersal event from Europe. Striatochelys baba may
represent a stem member of the extant Nilssonia, as indicated by direct comparison
with extant species and the phylogenetic analysis. If this is true, this species or close
relatives survived the cooling at the beginning of the Oligocene. Unfortunately, the bird
fossil is too poorly preserved and other fossils from East Asia are too sparse to draw
any conclusions about its survival of the ‘Grande Coupure’.