Inhaltszusammenfassung:
Zielsetzung: Ziel dieser Arbeit ist es, α-Gal als Epitop auf Giften verschiedener Schlangengiftspezies nachzuweisen, um zu überprüfen, ob α-Gal ein relevantes Epitop im Bereich der Toxine ist und im Rahmen einer Toxineliminierung eine Rolle spielen könnte. Grundlegenden Baustein bildet die Toxinhypothese nach Margaret Profet, welche besagt, dass durch den protektiven Aspekt bestimmter Allergene gegenüber schädlicher Substanzen ein selektiver evolutionsbiologischer Vorteil durch allergische Reaktionen und damit einhergehender erhöhter Resistenz des Organismus gegenüber dieser Substanzen bestehen müsste. Das Disaccharid α-Gal bietet sich als ein für den menschlichen Organismus immunogenes Epitop, welches auf vielen Proteinen im Tierreich vorkommt, für diesen Versuchsaufbau optimal an. Grund für das immunogene Potential ist unter anderem das Immunglobulin Anti-Gal, der häufigste natürlich vorkommende Antikörper des Menschen. Das durch IgE-Antikörper gegen α-Gal ausgelöste komplexe Krankheitsbild wird auch als α-Gal-Syndrom bezeichnet und erregt aktuell u.a. als Rotfleischallergie Aufmerksamkeit. Eine Sensibilisierung kann durch Zeckenbisse und weitere Arthopodenvektoren erfolgen. Nachdem in Vorversuchen bereits toxische Effekte von Schlangengift auf Blutzellen und Immunglobuline untersucht wurden und bereits α-Gal auf Giftkomponenten beschrieben wurde, fehlt weiterhin ein allergologischer Blickwinkel diesbezüglich und soll im Rahmen dieses Projektes ausgearbeitet werden.
Methoden: Der Nachweis des α-Gal-Epitops auf Proteinen von Schlangengiften wurde mittels Blotting im WesternBlot erbracht. Die Identifizierung der α-Gal tragenden Proteinen erfolgte durch Massenspektrumanalyse im MALDI-TOF. Eine Reaktion von Patienten auf diese Gifte wurde durch Präparative Gele mit verschiedenen Serumproben und Poolserum von α-Gal-sensibilisierten Patienten untersucht. Bessere quantitative und sensitivere Aussagen zum α-Gal-Gehalt in unseren Proben erreichten wir im ImmunoCAP als bereits etablierte Form einer Art Festphasen-ELISA’s. Zur Verifizierung der ImmunoCAP wurde ein eigener ELISA entworfen, dessen Signalverstärkung sich nach Fraktionierung der Gifte verdreifachte. Zum Spezifitätsnachweis folgten Inhibitions-ELISA’s nach dem selbst entwickelten ELISA- Modell, um zu überprüfen, ob die Reaktivität tatsächlich auf α-Gal zurückzuführen ist.
Ergebnisse: Das α-Gal Epitop konnte in Giften der Naja mossambica, Naja kaouthia, Naja haje und nach Fraktionierung auch im Gift der Notechis scutatus nachgewiesen werden. Zu den identifizierten Proteinen gehören Aminooxidasen, Metalloproteinasen, Ektonukleoide, Nukleotidasen, der Cobra Venom Faktor und kleinere Proteine wie das karzinoembryoanale Zelladhäsionsmolekül, das schwangerschaftsspezifische beta-1-Glykoprotein 5 und Endonukleasen. Eine spezifische Bindungsreaktivität konnte verifiziert auf α-Gal zurückgeführt werden. Die positiv getesteten Arten gehören ausschließlich der Familie der Elapidae an, Angehörige der Viperidae weisen in unserem Versuch keine α-Gal exprimierenden Proteine auf. Der Nachweis erfolgt unabhängig von der geographischen Verbreitung der positiv getesteten Schlangenarten.
Schlussfolgerung: Unter dem allergologischen Blickwinkel untermauert der Nachweis des α-Gal-Epitops auf Schlangengiften die Toxinhypothese. Das schnelle Erkennen pathogener α-Gal-exprimierender Erreger wie Viren, Bakterien, Protozoen oder auch von Giften ist ein evolutiv ausgebildeter Vorteil der anti-α-Gal-Antikörperbildung. Eine entscheidende Reaktion und die Differenzierung einer gewünschten oder überschießenden Immunreaktion ist maßgeblich von weiteren Kofaktoren abhängig, die bestimmen, ob und wann auf ein Signal reagiert wird. Ein Ansatz für zukünftige Forschungsarbeiten würde sich vor allem auf zellulärer Ebene bewegen, um diesen Effekten weiter auf den Grund zu gehen. Erst dann zeigt sich auch, ob sich α-Gal als natürliches Antidot eignen könnte.