Einfluss visueller und akustischer Information auf die Wahrnehmung nonverbaler emotionaler Kommunikationssignale bei Gesunden und Menschen mit Depression

DSpace Repositorium (Manakin basiert)


Dateien:

Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/173091
http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1730916
http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1730916
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2025-12-15
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Wildgruber, Dirk (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2025-07-22
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Depression
Freie Schlagwörter: Prosodie
visuelle Dominanz
Mimik
Depression
Negativitätsbias
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
Zur Langanzeige

Inhaltszusammenfassung:

Ziel der vorliegenden Arbeit war eine systematische Untersuchung des Einflusses von Mimik und Prosodie auf die Wahrnehmung nonverbaler emotionaler Kommunikationssignale bei an einer unipolaren Depression erkrankten und bei gesunden Personen. Aus mehreren Vorstudien ist bekannt, dass depressiv erkrankte Menschen Einschränkungen in der Wahrnehmung emotionaler Signale i.S. einer negativeren Bewertung sowohl emotionaler Gesichtsausdrücke als auch emotionaler akustischer Signale haben. In der vorliegenden Studie sollte daher erstens analysiert werden, ob ein Negativitätsbias auch bei bimodalen Stimuli vorliegt, bei denen visuelle und akustische Information systematisch variiert werden. Zweitens wurde der relative Einfluss von visueller und akustischer nonverbaler Information auf die Bewertung bimodaler nonverbaler emotionaler Signale untersucht. Dabei wurde eine Dominanz der visuellen Information erwartet. Da in einer Studie von Karle et al. Personen mit hohen emotionalen Kompetenzen, gemessen anhand des Mayer-Salovey-Caruso-Tests für Emotionale Intelligenz (MSCEIT), eine verstärkte Stimmsensitivität beim Anblick emotionaler Videos aufwiesen, wurde drittens geprüft, ob für diese Ergebnisse ein behaviorales Korrelat im Sinne einer verminderten visuellen Dominanz bei Menschen mit hoher Emotionaler Intelligenz (EI) vorliegt. Explorativ wurde untersucht, ob depressive Teilnehmende in ihrer Bewertung der Gemütslage des Gegenübers eine geringere visuelle Dominanz aufweisen. In einer Vorstudie wurden 20 gesunden Versuchspersonen separat die visuellen und akustischen Komponenten von 20 kurzen Videos präsentiert, auf denen je ein neutrales Wort in einem von fünf emotionalen Zuständen vorgetragen wurde. Die Teilnehmenden gaben eine Valenzbewertung des emotionalen Zustandes der abgebildeten Person ab. Anschließend fand eine systematische Re-Synchronisation der visuellen und akustischen Komponenten der Stimuli statt, so dass Stimuli mit jeder möglichen Kombination visueller und akustischer emotionaler Zustände entstanden. Die re-synchronisierten audiovisuellen Stimuli wurden einer Stichprobe von 20 an einer unipolaren Depression erkrankten Patientinnen und Patienten und 40 für Alter und Geschlecht gematchten gesunden Versuchspersonen präsentiert. Valenzbewertung und Antwortzeit wurden als abhängige Variablen erfasst. Versuchspersonen der Hauptstudie füllten einen Mehrfachwortschatz-Intelligenztest (MWT-B), den MSCEIT, das Beck Depressions-Inventar (BDI) und die Liebowitz Social Anxiety Scale (LSAS) aus. Die Valenzbewertungen und Antwortzeiten der Vorstudien-Items wurden anhand von ANOVAs mit post-hoc-t-Tests analysiert, dabei ergaben sich geringe Abweichungen von den Vorannahmen bezüglich der wahrgenommenen Valenz der Stimuli. Die Ergebnisse der MSCEITs und der klinischen Tests der Teilnehmenden der Hauptstudie wurden anhand univariater ANCOVAs verglichen. Die Valenzbewertungen und Antwortzeiten auf die re-synchronisierten Stimuli wurden anhand multivariater ANCOVAs ausgewertet und signifikante Effekte mittels post-hoc-t-Tests untersucht; darüber hinaus wurde zur Untersuchung des Einflusses der visuellen und akustischen Information eine Regressionsanalyse mit den in der Vorstudie ermittelten Valenzbewertungen der univariaten Stimuli als Prädiktoren durchgeführt. Zur Untersuchung interindividueller Unterschiede im Einfluss der visuellen Information wurden für jede Versuchsperson zwei Visuelle Dominanz-Indizes berechnet. Zusammenhänge zwischen VDI und EI der Teilnehmenden wurden durch Berechnungen der Pearson-Produkt-Moment-Korrelation untersucht und mögliche Gruppenunterschiede zwischen depressiven und gesunden Teilnehmenden durch t-Tests geprüft. Entsprechend der ersten Hypothese nahmen depressiv erkrankte Teilnehmende im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe die Stimuli im Mittel signifikant negativer wahr, darüber hinaus hatten sie signifikant längere Antwortzeiten. Depressive Patientinnen und Patienten erzielten in der „Emotionswahrnehmung“-Subskala des MSCEIT signifikant geringere Werte. Die BDI- und LSAS-Ergebnisse der Teilnehmenden waren signifikant negativ mit dieser Subskala korreliert. Es lagen keine Hinweise auf eine veränderte Dominanz der visuellen Information bei depressiv erkrankten Versuchspersonen vor. Bezüglich des Einflusses visueller und akustischer Information auf die Gesamtbewertung audiovisueller Stimuli wurde beobachtet, dass gemäß den Vorannahmen sowohl die visuelle als auch die akustische Information die Bewertung der audiovisuellen Stimuli signifikant beeinflussten und eine ausgeprägte Dominanz der visuellen Information vorlag. Es fanden sich jedoch keine Hinweise für die dritte Hypothese, dass Menschen mit hohen emotionalen Fähigkeiten sich in ihrer Bewertung verstärkt von der akustischen Information leiten lassen. Die Ergebnisse liefern relevante Hinweise zum Verständnis des Zusammenspiels visueller und akustischer nonverbaler Kommunikationssignale und fördern das Verständnis depressiver Erkrankungen. Sie bieten Ansatzpunkte für weitere Fragestellungen bezüglich der Wahrnehmung von Kommunikationssignalen bei depressiv Erkrankten und könnten in der Zukunft zu Therapieansätzen, etwa in Form eines Kommunikationstrainings, beitragen.

Das Dokument erscheint in: