Inhaltszusammenfassung:
Die alttestamentliche Wissenschaft scheint den Begriff« Väter» für die drei Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob reserviert zu haben. Das deuteronomistische Geschichtswerk und das Buch Jeremia sprechen hingegen erstaunlich oft von «Vätern», ohne daß deren Identität näher präzisiert wird. Die in der Forschung gängige (aber selten begründete) Gleichsetzung der deuteronomistischen Väter mit den Patriarchen beruht auf den Voraussetzungen der «neueren Urkundenhypothese», nach welcher das Deuteronomium und die folgenden Bücher eine Neuaufnahme und Verarbeitung der Patriarchentradition der Genesis implizieren. Thomas Römer unternimmt erstmals den Versuch, alle Vätererwähnungen innerhalb der deuteronomistischen Literatur ausführlich zu untersuchen. Dabei werden in vier Hauptteilen folgende Textkomplexe in Betracht genommen: Deuteronomium, Josua - 2 Könige, Jeremia sowie das restliche Alte Testament mit Schwerpunkt auf Ezechiel. Die Untersuchung ergibt, daß in einem exodischen Ursprungsmythos, wie er von der deuteronomistischen Schule vertreten wird, die Patriarchen keinen Platz haben. Für die Deuteronomisten beginnt Israels Geschichte in Ägypten. Die bereits von Staerk u. a. festgestellte Spannung zwischen Patriarchen- und Exodustradition wird somit zu einem entscheidenden Faktor für das Verständnis der deuteronomistischen Theologie und der exilisch-nachexilischen Epoche. Darüber hinaus
eröffnen sich neue und unerwartete Perspektiven im Hinblick auf die aktuelle Pentateuchdiskussion.