Inhaltszusammenfassung:
Die Geschichte der Grabungen und Forschungen in Troia wird hier aus der Sicht der prähistorischen Archäologie betrachtet. Diese Arbeitsgruppe wurde im Projekt als »Bronzezeitgruppe« bezeichnet. Eingangs werden die Vorgeschichte der Grabungen, ihre Motivation, Zielsetzung und Methodik dargestellt. Danach folgt ein chronologischer
Abriss der Forschungen vor Ort. Daraus ergibt sich, dass auch an einem Fundort, der so gründlich und lange erforscht ist wie Troia, immer noch neue Fragestellungen, Entdeckungen und Erkenntnisse möglich sind. Beispiele sind die Revision und absolute Datierung der Siedlungsabfolge, die völlige Veränderung des Gesamtbilds
der spätbronzezeitlichen Siedlung durch die Forschungen in derUnterstadt, oder auch die Erkenntnisse zum Neolithikum und Chalkolithikum in der Landschaft durch die Grabungen in der Umgebung. Anschließend werden einige Aspekte behandelt, die über die prähistorische Archäologie hinausreichen. Der Grabungsleiter und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sahen sich mit einer Fülle anderer, nur teilweise wissenschaftlicher Aufgaben konfrontiert. An erster Stelle sind hier die Anstrengungen zum Schutz, zur Erhaltung und zur öffentlichen Präsentation der Ruine selbst sowie der Funde und Ergebnisse zu nennen. Unabhängig von der fachlichen Zuständigkeit werden Aussagen zum Verhältnis zwischen griechischem Epos und Archäologie erwartet. Weil der Fundort durch die Troia-Sage, unabhängig von deren historischer Bedeutung, symbolisch aufgeladen und weltweit bekannt ist, kann er darüber hinaus medial und politisch für nahezu jede Agenda instrumentiert werden. Es wird argumentiert, dass Troia diesbezüglich zwar ein Extremfall ist, sich aber prinzipiell nicht von anderen Fundstellen unterscheidet. Eine archäologische Ausgrabung ist immer eine kulturelle Ressource, an der außer der Fachwissenschaft noch andere Akteure Interessen anmelden.
Abstract:
This contribution looks at the history of excavations and research at Troia fromthe point of view of prehistoric archaeology. This part of the team has been termed »Bronze Age group« within the project. The events before the onset of new excavations, their motivation, goals and method are briefly described at the beginning. It follows from a chronological account of new fieldwork at Troia that even at a site with an exceptionally long and exhaustive history of research new objectives, discoveries, and insights are still possible. Among recent examples are the revision and absolute dating of the stratigraphic sequence, a complete change of the overall picture of the Late Bronze Age settlement by excavations outside the citadel, or excavations in the surrounding area
leading to new findings on the Neolithic and Chalcolithic periods in the landscape. Some aspects beyond the scope of Bronze Age archaeology are then discussed.The excavation director and his team had to address a wide variety of questions, including protection, conservation, and public presentation of the ruins as well as dissemination
of results for the wider public and media coverage. Regardless of academic specialization, statements on possible connections between Homer’s Iliad and archaeology were expected. Since the site is universally known as the scene of the legendary Trojan War, its symbolic significance can be exploited by media and politics to
serve almost any agenda.While Troy is certainly an extreme case in this respect, other archaeological sites have to face similar problems. An archaeological excavation will always form a contested cultural resource that different stakeholders will try to exploit.